Fachübergreifendes Projekt der Klasse 6b in den Fächern Deutsch, Gesellschaftswissenschaften und Kunst: „Wir erstellen Lebens-Steine“. „Hä? Lebenssteine? Wat soll´n det sein?“, werden sich manche jetzt ratlos fragen.
Die Schüler*innen einer 6. Klasse erstellen in einer Doppelstunde Kunstunterricht in Form einer Collage „Lebenssteine“ und bewegen sich damit inhaltlich innerhalb des ca. 2-monatigen themenbezogenen Unterrichts „Drittes Reich und Nationalsozialismus“.
Wir dürfen mal erklären: „Lebenssteine“ sind UNSERE (Klasse 6b) lebensbejahende Antwort und eine Art Gegenkonzept zu den „Stolpersteinen“. Letztere sind sicherlich manchen ein Begriff, vielleicht ist der ein oder die andere auch schon mal selbst über welche „gestolpert“? Die sogenannten „Stolpersteine“ sind ein Kunstprojekt vom Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts: 10 Quadratzentimeter große goldfarbene Messingtäfelchen, aufgeklebt auf kopfsteingepflasterten Gehwegen; sie sollen erinnern an Menschen, die in der Zeit des grausamen Nationalsozialismus verfolgt und/oder umgebracht wurden. Beschriftet sind sie in der Regel mit dem Namen des Menschen, Geburts- und Sterbedatum und dem Grund für ihre Verfolgung (und schlimmstenfalls Tötung). Durch ihre Beschaffenheit und Farbe heben sich diese besonders bearbeiteten Steine von den anderen Gehwegsteinen ab: sie fallen auf und man – genau: stolpert über sie. Zumindest gedanklich. Das Stolpern/Aufmerksamwerden passiert im Kopf und regt zum Nachdenken an: „Wer hat in diesem Haus mal gelebt? Und warum musste dieser Mensch – ein Familienmitglied/Nachbar/Freund sterben?“
Die 6. Klasse arbeitet und lernt und forscht in diesem Halbjahr für die Dauer von ca. 2 Monaten in 3 Fächern gleichzeitig (bei derselben Lehrkraft, was den inhaltlichen Bezug und die Koordination der Stunden vereinfacht) zum Thema: „Drittes Reich und Nationalsozialismus“. Wir gehen dabei (altersgerecht!) nicht ins Detail, zeigen keine erschreckenden Bilder – vielmehr geht es um eine erste behutsame Heranführung an die Themen „Anderssein, Umgang der Gesellschaft damit, Verhalten dazu“ und um eine grundlegende Sensibilisierung für das Thema (welches in der Oberschule eingehender und kleinschrittiger behandelt wird).
Im Deutschunterricht liest die Klasse parallel einen themenbezogenen und altersgerechten Jugendroman, in dem es um die Freundschaft zwischen einem jüdischen und nichtjüdischen Jungen geht.
Im GeWi-Unterricht verfolgen die Kinder die Entwicklung der damaligen Zeit und stellen Fragen: Wie konnte es zu dieser politischen Entwicklung kommen? Wieso haben so viele Menschen dabei mitgemacht? In dem Zusammenhang erfolgt ein Theaterbesuch mit dem Titel: „Vom Hingucken und Wegschauen“, der genau dieser Frage hautnah und für die Kinder mitvollziehbar nachgeht.
Nun aber zurück zum Ausgang: Was hat es mit den „Lebenssteinen“ auf sich?
Die Klasse bekam im Kunstunterricht pro Schüler/in je 4 goldfarbene Quadrate aus Goldfolie im Maß 10 x 10 cm. Idee? Ja: Sie sollen – in Anlehnung an die „Stolpersteine“ eigene „Steine“ aus der Metallfolie anfertigen. ALLERDINGS; Wir setzen den Akzent auf das Leben, nicht auf den Tod!!!Übergeordnete Überschrift der Aufgabe ist:
Wir wollen leben!
Alle Kinder sollen ihre Wünsche/Lebensträume/Ziele auf die Folienzettelchen schreiben, warum das Leben für sie persönlich auch in Zukunft lebenswert ist.
Über unsere Steine soll niemand „stolpern“, sie sollen nicht traurig machen! Nein, im Gegenteil: Erfreuen sollen sie, Mut machen, mit ihrem Optimismus und ihrer Lebensfreude anstecken! Eine Mehrheit der Klasse favorisiert die Bezeichnung „Lebens-Steine“, denn: WiR sind glücklich, zu leben!!!
Und? Was glauben wir? Was haben die Kinder als ihre Zukunftssehnsüchte formuliert? Öfters Essen bei Mc Donalds? Unbegrenzt Netflix sehen? Immer hausaufgabenfrei haben? Weit gefehlt!
Die meist genannten Gründe, ein hoffentlich noch langes Leben zu haben: mit der Familie zu leben, eine eigene Familie zu gründen, Zeit mit Familie und Freunden zu haben, ein (beruflich) erfülltes Leben zu haben.
WIE VIELE SCHÖNE GRÜNDE FÜR´S LEBEN ES GIBT!!!!!
Die Lebenssteine hängen – auf lebensbejahend himmelsblauem Fotokarton aufgeklebt – im Klassenraum: Besucher gerne willkommen!
Bericht und Projekt: Ute Müller